Zeitgenössische Choreografie. Vorträge

Ihre Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen Bühnentanz, Tanzwissenschaft und Tanzvermittlung führt Gitta Barthel zu Tagungen und Symposien im Kontext von Tanz und Choreografie. Die Beiträge verhandeln das Potential dieser Künste in der kulturellen Bildung und der Bildungstheorie.


Vortrag beim Symposium zur Tanzvermittlung. Berlin

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Gitta Barthels Impulsvortrag beim Symposium Responses. How to communicate (about) dance des Tanzbüro Berlin reflektiert Choreografievermittlung zwischen Erfahrungspraxis und Instrumentalisierung. Widersprüche zwischen Erwartungen der Bildungspolitik an ergebnisorientierte Choreografievermittlung und Vermittlung als Erfahrungspraxis um ihrer selbst willen bilden das zentrale Thema. Das Symposium fand im Anschluss an das 4. Feedback LAB des europäischen Netzwerks Live Long Burning statt und widmete sich der Tanzvermittlung in Berlin mit dem Fokus auf dem Dialog zwischen Kunst, Künstler/innen und Publikum.

Veranstalter
Tanzbüro Berlin

Termin
19. Januar 2018

Ort
Uferstudios
Uferstraße 8
13357 Berlin


Choreografievermittlung als selbstreferenzielle Erfahrungspraxis

Der Vortrag stellt die Praxeologie als eine kohärente Methodologie zur Erforschung der Kulturellen Bildung vor. Die Untersuchung geht der Frage nach, wie sich choreografische Praxis als Vermittlungspraxis im Zusammenspiel von Choreografinnen und Jugendlichen sowie Erwachsenen in Projekten vollzieht, die in künstlerisch-edukativen Kontexten stattfinden. Das Forschungsergebnis weist Choreografievermittlung als selbstreferenzielle Erfahrungspraxis aus, die in multidirektionalen Prozessen besteht, in denen die Beteiligten ihre Vermittlungspraxis situations-, kontext- und personenbezogen erzeugen und der Wissenstransfer eine marginale Rolle spielt. Diese Erkenntnisse werden argumentativ genutzt, um Kulturelle Bildung in ihrer Selbstzweckhaftigkeit zu stärken und auf der Folie des von Reckwitz explizierten Dispositivs der Kreativität (Reckwitz 2012) zu diskutieren. Dieses beschreibt eine Koppelung des Kreativitätswunsches an einen –imperativ, die sich in den Tendenzen des Bildungssystems wiederfindet, positive Outputwirkungen des Tanzes in Erwartungshaltungen und Forderungen zu kippen und insofern die Vermittlungsarbeit von Künstler/innen zu instrumentalisieren. In Abgrenzung dazu bildet Choreografievermittlung als selbstreferenzielle Erfahrungspraxis eine Möglichkeit, um sich diesen Tendenzen zu entziehen. Indem der Beitrag Widersprüche zwischen einem Bildungsverständnis als offenen Prozess und den Erwartungen des Bildungssystems reflektiert, trägt er zu einer kritischen Tanz- und Choreografievermittlung bei und verhandelt die Spannungsverhältnisse, in denen sich diese aktuell befindet.

Veranstaltung
7. Jahrestagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung

Von Mythen zu Erkenntnissen? Gegenwart und Zukunft empirischer Forschung zur Kulturellen Bildung

Termin

25. – 27. Oktober 2016

Ort
Bundesakademie für Kulturelle Bildung
Wolfenbüttel


Vermittlungspraxis zeitgenössischer Choreografie als Ereignis und Interaktion

Seit Anfang dieses Jahrhunderts führen Choreograf/innen vermehrt Tanz-in-Schulen-Projekte mit Kindern und Jugendlichen durch und erarbeiten Community-Produktionen mit Erwachsenen. Hier knüpft mein Dissertationsprojekt mit der Frage an, wie sich die choreografische Praxis als Vermittlungspraxis ereignet. Es beruht auf der praxeologisch begründeten Annahme (Schmidt 2012), dass sich die Praktiken des Vermittelns als doing (Garfinkel 1967) zeigen und expliziert das implizite Wissen des Feldes (Polanyi 1985) mithilfe eines empirischen Forschungsdesigns, teilnehmender Beobachtung und videogestützter Ethnographie (Emerson ed. al 2007).

Der Beitrag beruht auf meinem Dissertationsprojekt und zeigt an Fallbeispielen den Zusammenhang zwischen den Praktiken des Choreografierens und den Praktiken des Vermittelns auf, schärft einen empirisch gewonnenen Vermittlungsbegriff und macht diesen für die Tanzvermittlung fruchtbar.
 Er will aufzeigen, wie das Vermittlungsgeschehen als explorativ, performativ, reflexiv und partizipativ beschreibbar ist und thematisiert damit ein Verständnis von kultureller Bildung, in dem Vermittlung als Interaktionsgeflecht aller Beteiligten angesehen wird. Es soll aufgezeigt werden, wie das künstlerische Tun und das pädagogische Handeln ineinander verwoben sind und auf welche Art und Weise das Vermittelnde im Künstlerischen enthalten ist. 
Die Tagungsfrage, welche Vorraussetzungen für gelingende Vermittlungspraxis gegeben sein müssen, weist auf ein prä-existentes und intentional ausgerichtetes Konzept für eine gelingende Praxis hin. Der Beitrag nimmt hier einen Perspektivwechsel zum doing vor und thematisiert die Frage, wie  gelingende Vermittlungspraxis in der Praxis in der Interaktion aller Beteiligten in situ indexikalisch erzeugt wird. Des Weiteren wird untersucht, wie sich Vermittlung als performatives Ereignis des Vermittelns verstehen lässt und wie der Blickwinkel der Vermittlung von Wissen über choreografische Praxis auf ein Ver- und Ermitteln als Erfahrungspraxis verlagert werden kann.


Veranstaltung
Internationale Tagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung
Im Dazwischen: Künstler und Künstlerinnen vermitteln

Termin

6. – 8. November 2014

Ort
Ruhr-Universität
Bochum


Choreografische Praktiken im öffentlichen Raum

Der Vortrag basiert auf meinem Dissertationsprojekt zum Thema „Zeitgenössische choreografische Praxis als Vermittlungspraxis im Kontext der Tanzbildung“ (Arbeitstitel). Im Rahmen des Symposiums werden Auszüge und erste Ergebnisse der Untersuchung der Entstehung der site specific performance Hinter den Gärten (2013) der Choreografin Isabelle Schad vorgestellt. Mit einem praxeologischen Ansatz und einem qualitativ-empirischen, ethnomethodologischen Forschungsdesign (Emerson ed.al 2007) wird das implizite Wissen des Feldes (Polanyi 1985) expliziert und ein Umgang mit Urbanität und Raum offengelegt, der von einem erweiterten Choreographiebegriff (Klein 2011, Foster 2011) geprägt ist. Dieser entkoppelt Choreografie von einer tänzerischen Erscheinungsform und versteht sie als Ordnung von Körpern in Bewegung in Zeit und Raum. Die hier vorgestellte interdisziplinäre Praxis tritt mit den Mitteln der Bewegung, der Landschaftsarchitektur und der Musik in eine Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten und Artefakten einer Industriebrache am Rande der Hamburger Hafencity und thematisiert die kommerzielle Vereinnahmung von öffentlichem Raum. 
Eine Gruppe von 30 Performer/innen schreibt in der Performance einen „passiven Widerstand“ (Schad 2013) in diesen Ort ein und hinterfragt das Oxymoron des Begriffes: wie kann sich die choreographisch geordnete Aktion des körperlichen Besetzens eines Ortes als „passiver Widerstand“ vollziehen und wie lässt sich passiv in diesem Kontext als eine Alternative zu kämpfend verstehen. 

Die praxeologische Perspektive dieses Beitrages macht mit dessen methodologischem Kernpunkt des Herstellens von Beobachtbarkeit (Schmidt 2012) die Vollzugswirklichkeit der choreografischen Praxis als doing, als „ongoing accomplishment“ (Garfinkel 1967) deutlich. Dabei wird sichtbar, wie sich Gemeinschaft bildet, die Bewegung der Gruppe die Materie vor Ort tranformiert, das Vorhandene verstärkt und temporäre Ordnungen herstellt. In der Interaktion der Beteiligten zeigt sich ein Geflecht von Praktiken (Reckwitz 2003), in dem die Mitwirkenden indexikalisch ihre choreografische Praxis als soziale und künstlerische Interaktion ermitteln. Der Vortrag fokussiert die Spezifik des ortsgebundenen Interaktionsgefüges.

Veranstaltung
Symposium der Gesellschaft für Tanzforschung
Tanz Raum Urbanität

Termin

3. – 5. Oktober 2014

Ort
Berlin

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